Kolumne: Mehr Öffentlichkeit bei politischen Sitzungen? In Ahrensburg unerwünscht!
Die Zeiten, in denen politische Machthaber Entscheidungen, die das ganze Volk betrafen, hinter verschlossenen Türen getroffen haben, sind glücklicherweise schon lange Geschichte. In Ahrensburg könnte der politisch-interessierte Bürger allerdings gerade das Gefühl bekommen, dass sich einige Stadtverordnete ein klein wenig nach diesen vergangenen Zeiten sehnen. Nämlich wenn es darum geht, dem Bürger von Entscheidungsprozessen auszusperren.
Derzeit haben die Politiker viele maßgebliche politische Präsenz-Sitzungen wegen der stark gestiegenen Infektionszahlen gestrichen. Und das, obwohl die rechtlichen Bedingungen durch den Gesetzgeber geschaffen wurden, die Sitzungen online durchzuführen. Dafür braucht es nur einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung. Eine zwingende Voraussetzung bei der Durchführung ist, dass die Bürger online die Sitzungen auch mitverfolgen können – so wie es vielerorts in Schleswig-Holstein bereits erfolgreich praktiziert wird. Dies wird aber in Ahrensburg mehrheitlich von den Stadtverordneten nicht gewollt.
Warum? Da wird von radikalen Bürgern gesprochen, die Politiker aufgrund getätigter Aussagen bedrohen könnten. Die vielleicht sogar Mitschnitte aus dem Zusammenhang reißen und die betroffenen Politiker vorführen könnten. Deswegen, so die Ansicht derjenigen, seien sie strikt gegen eine Liveübertragung
Das ist aus Sicht der FDP eine verwunderliche Einstellung. Denn bereits in der Vergangenheit waren die politischen Sitzungen in der Stadt selbstverständlich öffentlich! Jeder konnte vorbeikommen zuhören und zuschauen, wie die Politiker diskutieren, argumentieren und entscheiden. Und es bleibt festzuhalten: Ernst zu nehmende Bedrohungslagen für die Politiker*innen der Stadt hat es nicht gegeben. Wieso sollte sich das ändern? Da kommt der Verdacht auf, es handelt sich hier möglicherweise um ein vorgeschobenes Argument.
Geht es einigen Vertretern vielleicht eher darum, dass es ihnen unangenehm ist, wenn ihnen dank der geschaffenen Digitalisierung mehr als fünf Bürger beim Politikmachen zuschauen? Dann sollten sie möglicherweise ihr Mandat hinterfragen. Wer als Politiker mit seiner Meinung, seiner Art zu argumentieren und debattieren nicht in der Öffentlichkeit stehen möchte und schlecht mit Kritik umgehen kann, der ist für das Amt nicht geeignet.
Und letztendlich zeigt die Verweigerung die Sitzungen im Internet zu übertragen vor allem auch, dass hier ganz grundsätzlich die falschen Prioritäten gesetzt werden. Stadtverordnete stehen im Dienst der Bürger. Wenn eine Sitzung, die auch im Internet gezeigt wird, ganz abgesehen von einer aktuellen Pandemie-Lage, es z.B. jungen Eltern, älteren Menschen und gehandicapten Mitbürgern vereinfacht, an diesen Sitzungen als Zuschauer teilzunehmen, dann sollten Politiker eigenen Befindlichkeiten dem Wohl und Informationsrecht der Bürger unterordnen.
Thomas Bellizzi
FDP Ahrensburg