Kolumne: Lassen Sie uns reden: Über Aspekte der Einwohneranzahl und Stadtentwicklung

< Zurück

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

als Lehre aus der aktuellen Corona-Situation müssen wir in Ahrensburg zur Kenntnis nehmen, dass sich die Menschen verständlicherweise ein Stückchen Freiheit zum Durchatmen wünschen. Dies in Form eines eigenen kleinen Grundstückes, einer schönen Wohnung mit Balkon, eines intakten Umfeldes mit Grünanlagen und Wäldern. Aber auch unter Einbeziehung der Infrastruktur im Sinne von Schulen, Kindergärten, Kultur, Einkaufsmöglichkeiten und einer schnellen Verkehrsanbindung. Dies alles hat Ahrensburg zweifelsfrei zu bieten.

Damit das auch zukünftig so bleibt sollten wir den Grundsatz des ganzheitlichen zukunftsorientierten Denkens nicht zur Seite legen, sondern kurz innehalten und uns mit nachfolgenden Entwicklungsprognosen auseinandersetzen.

Die Einwohnerzahl Deutschlands wächst nicht mehr. Selbst bei starkem Zuzug durch Migration gehen alle Bevölkerungsprognosen für Deutschland von einer schrumpfenden Bevölkerung bis 2050 aus. Gleichzeitig schätzt das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in einer Studie aus dem Jahr 2020, dass bis 2030 rund 3.000.000 Wohnungen leer stehen werden. Richtigerweise stellt das Bundesamt fest: „In volkswirtschaftlicher Dimension handelt es sich um eine enorme Verschwendung funktionierender Infrastruktur: In den Schwarmstädten müssen Wohnungen, Kitas oder Schulen gebaut werden, in anderen Regionen verfallen Wohnungen und werden Kitas oder Schulen geschlossen.“ Wer vor diesem Hintergrund immer noch eine Stadtentwicklung betreibt, die auf Wachstum setzt, handelt verlässig und verursacht unnötige Flächenversiegelung.

Natürlich werden uns umzugswillige Bürger nicht fragen, ob sie nach Ahrensburg ziehen dürfen. Wenn sich die Gelegenheit bietet werden sie es einfach tun!

Deshalb sollte aus Sicht der FDP ein tatsächlich nachhaltiges Vorgehen durch folgende wesentliche Maßnahmen erfolgen. Zunächst muss eine Abkehr vom Ziel der wachsenden Stadt erfolgen und die Ausweisung bisher unversiegelter und unerschlossener Flächen als Wohnbaugebiet gestoppt werden.

Freie Flächen sollten durch die Stadt aufgekauft werden, um sicherzustellen, dass diese auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben.

Dort wo möglich und begründbar kann durch eine maßvolle Innenverdichtung Wohnraum geschaffen werden, der die Wünsche nach besonderen Wohnformen erfüllt und vorhandenen, nicht mehr sinnvoll zu erneuernden, Wohnraum ersetzt. Die Innenverdichtung sollte in Abstimmung mit den Bewohnern zur Verbesserung der Quartiersqualität dienen und nicht zur Steigerung der Einwohnerzahl. Damit werden auch vorhandene Quartiersstrukturen vor Ort gestärkt.

Der vorhandene Wohnungsbestand ist energetisch zu optimieren. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit Belegungsrechte und Mietbindungen für bestehende Wohnungen zu erwerben ist durch die Stadt umfangreich zu nutzen. Diese Maßnahme schafft deutlich zielgenauer und schneller Wohnraum im unteren Preissegment als Sozialwohnungsquoten bei Neubaugebieten und vermeidet zudem soziale Brennpunkte durch eine zu starke Konzentration von Sozialwohnungen in einzelnen Gebieten.

Der vorhandene Wohnraumbestand ist eine wertvolle Ressource, die bei richtiger Nutzung einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit der Natur leisten kann. Angenehmerweise ist der vorhandene Wohnraum in der Regel auch noch deutlich günstiger als nicht geförderter Neubau auf der grünen Wiese wo zusätzlich Infrastruktur erst kostenintensiv geschaffen werden muss. Daher sollte dieser immer Vorrang vor Neubauten haben.

Lassen Sie uns daher umdenken und in der Stadtentwicklung neue Wege gehen damit Ahrensburg auch zukünftig noch lebenswert bleibt.
 

Thomas Bellizzi
FDP-Fraktion