Kolumne: Ahrensburger Rathaus – Unattraktiv für Fachkräfte?
Ständig wird politisch über neue Projekte, insbesondere Neubaumaßnahmen, diskutiert. Manche Parteien versuchen ihre Arbeit damit zu schmücken, solche Projekte vorgeschlagen und durchgesetzt zu haben. Wer darauf hinweist, dass die vorhandenen personellen und finanziellen Mittel zunächst einmal für den Substanzerhalt ausreichen müssen, gilt da schnell als Spaßbremse. Und dass, obwohl jeder wissen sollte, dass man auch als Staat nur die Mittel verplanen kann die auch zur Verfügung stehen.
Die Ahrensburger Stadtverwaltung hat dankenswerter Weise eine Aufstellung zum Infrastrukturvermögen der Stadt aufgestellt. Quintessenz: In den letzten Jahren hat es Ahrensburg geschafft, jährlich nur etwa 500 Meter an Straßen zu erneuern. Gleichzeitig sind neue Wohn- und Gewerbegebiete erschlossen worden, also weitere Straßen hinzugekommen. Um alles in einem ordentlichen Zustand zu halten, müsste das Tempo der Erneuerung versechsfacht werden. Beim aktuellen Tempo würde die Straßensanierung ganze 330 Jahre dauern - Ein Offenbarungseid.
In der gleichen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses, in der dieses diskutiert wurde, hat das Bauamt mitgeteilt, dass es erneut Personal verloren habe und nicht damit zu rechnen sei, in absehbarer Zeit diese Ingenieursstellen besetzen zu können.
Hier muss man sich offen die Frage stellen, was im Ahrensburger Rathaus nicht stimmt, dass ein Arbeitsplatz dort für qualifizierte Ingenieure als so wenig attraktiv gilt?
Es ist für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Ahrensburger Geschäftswelt absolut unzumutbar, wenn jetzt der Umbau der Hamburger Straße und weiterer Straßenbauten gestoppt und mindestens um ein Jahr verschoben werden müssen, weil im Rathaus das Fachpersonal fehlt.
Ein weiteres Beispiel: Bereits im Januar 2020 ist auf Antrag der FDP ein elektronisches Parkleitsystem für die Ahrensburger Innenstadt beschlossen worden. Die Einführung scheiterte bisher daran, dass sich kein Fachpersonal findet, dass ein solches bedienen kann. Im Rahmen der leidigen Parkplatzdiskussion wurde jetzt erneut vom Bau- und Planungsausschuss die Einführung des Systems beschlossen. Aber auch mehrfach getroffene politische Beschlüsse sind wertlos, wenn die Verwaltung – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage ist, diese umzusetzen.
Eines ist für uns Freie Demokraten völlig klar: So lange die Stadtverwaltung getroffen Beschlüsse nicht realisieren kann und solange der Substanzerhalt dermaßen ungesichert ist, dürfen Prestigeprojekte wie das so genannte Kulturhaus, der Rathausneubau oder der fehlgeplante Radschnellweg, der für 13,6 Mio. Euro durch Wohnstraßen und über Fußwege geführt werden soll, nicht ins Auge gefasst werden.
Es wäre skandalös, wenn wir nachfolgenden Generationen zerfallende Straßen, Wege und Schulen hinterlassen, gleichzeitig aber alle finanziellen Reserven verzehrt haben würden.
Viele Behörden klagen über den Mangel an Ingenieuren und anderen Fachkräften. Es ist aber offensichtlich, dass Besonderheiten in Ahrensburg hinzukommen. Der Bauamtsleiter räumte im Bau- und Planungsausschuss am 3. November ein, dass er über Prämien und Zulagen nachdenken müsse, um Stellen im Wettbewerb mit benachbarten Gemeinden besetzen zu können. Also liegt es offenbar nicht an der Attraktivität der Arbeit in einer Kommunalverwaltung an sich, sondern an einem besonderen Problem des Ahrensburger Rathauses. Hier kommt es in mehreren Fachbereichen zu auffällig vielen Fehlzeiten, Fluktuation und nicht besetzten Stellen.
Das Ahrensburger Rathaus scheint für qualifizierte Mitarbeiter seit Längeren ganz einfach nicht attraktiv zu sein. Dieses Problem zu lösen ist aus Sicht der Freien Demokraten die größte Aufgabe des neu gewählten Bürgermeisters. Ansonsten werden wird zukünftig noch größere Probleme aus jetzt bekommen.
Thomas Bellizzi
FDP-Fraktion